„In aller Munde und vor aller Augen?“ Die Wahrnehmung des Widerstandes gegen das NS-Regime in achtzig Jahren

Bericht zur XXXVI. Königswinterer Tagung, 2024

In den achtzig Jahren seit dem Attentat vom 20. Juli 1944 haben sich Begriffe und Symbole des Widerstands gegen den Nationalsozialismus tief ins kollektive Gedächtnis der Bundesrepublik eingegraben und gelegentlich eine populäre, unkritische Verwendung erfahren: Ob der „Aufstand des Gewissens“, das „andere Deutschland“, das „geheime Deutschland“ oder die „Wirmer-Flagge“ – in acht Jahrzehnten wurden Begriffe, Symbole und Erinnerungsformen des Widerstands immer wieder aus ihrem ursprünglichen Bedeutungskontext herausgelöst, neu konnotiert und nicht selten völlig umgedeutet. Die 36. Königswinterer Tagung untersuchte diese Wahrnehmungen und (Um-)Deutungen des Widerstands in drei Sektionen: Die erste untersuchte prägende Begriffe des Widerstandes auf Herkunft, Bedeutung und Missbrauch; die zweite Sektion analysierte die unmittelbaren Folgen des Widerstandes für die verwitweten Ehefrauen und Angehörigen, sowohl unter nationalsozialistischer Herrschaft wie im zunächst wenig freundlichen bundesrepublikanischen Umfeld, als auch in dem Versuch, diese historischen Episoden als nachgestellte Erfahrungen via Social Media für ein modernes Publikum aufzubereiten. Und die dritte Sektion beleuchtete schließlich die „sichtbare“ Seite des Widerstands in umstrittenen Denkmälern, der Optimismus verbreitenden „Victory“-Geste Churchills sowie der gegenwärtigen Renaissance und missbräuchlichen Verwendung der im Kontext christlichen Widerstands entworfenen „Wirmer-Flagge“.

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Für ein friedliches, rechtsstaatliches und vereintes Europa 

Überall in Deutschland finden in diesen Tagen große Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit statt. Die Bundesrepublik Deutschland im Frühjahr 2024 ist nicht mit der Weimarer Republik in der Zeit vor der Machtergreifung im Frühjahr 1933 durch die Nationalsozialisten gleichzusetzen. Aber die Geschichte lehrt uns, wie entscheidend es ist, dass sich alle Demokratinnen und Demokraten in Deutschland stets für die Bewahrung der Demokratie einsetzen.  
Das Vermächtnis des Deutschen Widerstandes verlangt danach, für die freiheitliche-demokratische Grundordnung einzutreten und seine Stimme zu erheben, wo die Demokratie in Gefahr gerät. 
Gegen Menschenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Antisemitismus. 
Nie wieder ist jetzt! 

In stillem Gedenken – Dr. Rüdiger von Voß

Am 2. Dezember 2023 ist der Ehrenvorsitzende der Forschungsgemeinschaft und des Kuratoriums der Stiftung 20. Juli 1944, Dr. Rüdiger von Voß, im Alter von 84 Jahren friedlich eingeschlafen. 

Rüdiger von Voß war seit der Gründung der Forschungsgemeinschaft 1973 über zwei Jahrzehnte ihr Vorsitzender. Ohne sein stetiges Wirken und Engagement würde es die Forschungsgemeinschaft heute nicht geben. Unermüdlich hat er sich bis zuletzt für die Bewahrung des Vermächtnisses des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus eingesetzt. In zahlreichen Vorträgen und Büchern hat Rüdiger von Voß die Bedeutung des Widerstandes wachgehalten und neue Wege bei der Vermittlung der Rezeption vorangetrieben.
Bei seinem Vortrag auf der XXXV. Königswinterer Tagung anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens der Forschungsgemeinschaft im Februar dieses Jahres hat er uns die folgenden Worte mit auf den Weg gegeben. 
Die Geschichte unserer Organisationen gibt uns neuen Mut. Das Vermächtnis und der hieraus abzuleitende Auftrag bleiben eine Verpflichtung, nach vorne zu schauen und die Zukunft zu gestalten. Ich bin voller Hoffnung, dass dies gelingt!

Wir sind Rüdiger von Voß zu großem Dank verpflichtet. Er wird uns sehr fehlen.