„Seid einig, einig gegen Hitler!“ Formen, Ziele und Motive des Widerstands von links

XXVIII. Königswinterer Tagung, 2015

Der Widerstand gegen das „Dritten Reich“ war außerordentlich vielgestaltig: Er reichte von zahlreichen Attentatsversuchen über aktive Umsturzplanungen bis hin zu Überlegungen für ein Deutschland nach Hitler; er erfasste politische Gruppierungen gewissermaßen in Gänze oder führte zu neu sich bildenden Zirkeln, in denen sich Einzelne aus vielen politischen Richtungen zusammenfanden, die sich zuvor misstrauisch beäugt hatten; er reichte von ganz linken bis hin zu konservativ-bürgerlichen und aristokratischen Angehörigen. Angesichts der totalitären Bedrohung aller durch den Nationalsozialismus relativierte sich die unterschiedliche politische und gesellschaftliche Herkunft jedoch: Geboten war ein Wandel des überkommenen Selbstverständnisses, um zu jenen Kompromissen zu gelangen, die eine allseits akzeptierte Ordnung des Rechts und der Menschlichkeit zum Ziel hatte, die man gemeinsam anstrebte.

Die Tagung der Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e.V. hat sich schwerpunktmäßig mit dem linken Widerstand beschäftigt: Situation und Reaktion der Arbeiterbewegung auf die Herausforderungen (und Verlockungen) des nationalsozialistischen Staates waren in den Blick zu nehmen; wie sah die Haltung der sich in der Weimarer Republik zeitweise bis aufs Blut bekämpfenden linken Parteien aus: der staatsbejahenden, einen legalen Kurs fahrenden Sozialdemokratie auf der einen und der eine Diktatur des Proletariats ansteuernden, moskauhörigen KPD auf der anderen Seite; es galt die Rolle der schon mit dem 2. Mai 1933 von den Nationalsozialisten aufgelösten deutschen Gewerkschaftsbewegung zu untersuchen. Was verhinderte die Herstellung einer alle linken Gruppierungen umfassenden, schlagkräftigen „Volksfront“? Welche Formen fand das Aufbegehren gegen Hitlers Regime unter den Bedingungen gnadenloser Verfolgung? Wer fand Zugang zu jenen vornehmlich bürgerlich-konservativen Widerstandskreisen, die – gemeinsam mit dem Militär – den „20. Juli“ vorbereiteten? Wer formte und trug von linker Seite die Zukunftspläne des „Kreisauer Kreises“ mit? Die Tagung war so aufgebaut, dass sie zunächst jeweils einen Überblicksvortrag zur Sozialdemokratie, zur KPD und zu den Gewerkschaften und ihrer jeweils ganz unterschiedlichen Reaktion auf Hitler und sein Regime bot, der sodann von je zwei spezielleren Fragestellungen ergänzt wurde. Der einleitende Abendvortrag zielte darauf ab, mit seiner Darstellung der „sozialistischen Welt“ in der Weimarer Republik Grund zu legen, Ausgangspunkte deutlich und das Handeln der Betroffenen nachvollziehbar zu machen.

Konferenzübersicht:

Ursula Büttner: Die sozialistische Welt der Weimarer Republik

Michael Schneider: Einig nur in der Gegnerschaft? Sozialdemokraten und Sozialisten im Widerstand 1933-1945

Michael Voges: Obstruktion durch Information – Die „Deutschlandberichte“ der Sopade (1934-1940)

Ekkehard Geiger: „Politik ist Verantwortlichkeit“ (Carlo Mierendorff) – Der sozialistische Einfluss auf die Arbeiten des Kreisauer Kreises

Jürgen Zarusky: Auf Leben und Tod – der verlustreiche Kampf der KPD gegen das „Dritte Reich“ – Ein problemorientierter Überblick

Bärbel Schindler-Saefkow: Auf dem Weg zu einer umfassenden Widerstandsbewegung aller Kräfte? Die Widerstandsorganisation um Anton Saefkow und Franz Jacob. Zur Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation 1942 bis 1945

Astrid von Pufendorf: Der kommunistische Pressezar Willi Münzenberg – Propagandist und Pragmatiker

Stefan Heinz: Von der Anpassung über die Zerschlagung zum Widerstand – Die gespaltene Gewerkschaftsbewegung und der Nationalsozialismus. Erträge der Forschung

Stephanie Zibell: Ludwig Bergsträsser, Wilhelm Leuschner und die Würdigung des „Widerstands von links“

Jürgen Aretz: Bernhard Letterhaus und der Kölner Ketteler-Kreis – Opposition und Widerstand aus der katholischen Arbeiterbewegung

Tagungsband: Christian-Matthias Dolff/Julia Gehrke/Christoph Studt (Hrsg.): „Seid einig, einig gegen Hitler!“ Formen, Ziele und Motive des Widerstands von links (Schriftenreihe der Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e.V., Bd. 23), Augsburg 2020.

Eine Übersicht aller Tagungsbände finden Sie hier.