Vom 24. bis 26. November 2017 führte die Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e.V. in Kooperation mit der Jakob-Kaiser-Stiftung ihren Workshop für Studenten und Young Professionals durch. Diskutiert und erforscht wurde dieses Jahr „Jüdischer Widerstand und Rettungswiderstand“, insbesondere auf das nach wie vor auch in geschichtswissenschaftlichen Kreisen verbreitete Narrativ der ohnmächtigen Juden, die „wie die Schafe zur Schlachtbank“ geführt worden seien.
Hierzu trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Berlin und begannen das Seminar mit einem filmischen Beitrag zum Rettungswiderstand, der die Kindheitsgeschichte des deutsch-israelischen Schauspielers Michael Degen schilderte.
Der Seminartag am Samstag begann mit einer Exkursion in die Gedenkstätte Deutscher Widerstand im Berliner Bendlerblock. Nach einer Führung durch die neu konzipierte Dauerausstellung der GDW in den Räumen, begann einer der kontroversesten Teile der Seminardiskussion: Im thematischen Fokus auf jüdischen Widerstand wurde das in Gesellschaft und Geschichtswissenschaft nicht nur der 1960er Jahre beständige Narrativ von den ohnmächtigen Juden, die sich „wehrlos zur Schlachtbank“ hätten führen lassen in Form einer Anklage/Verteidigungs-Diskussion seziert.
Der Tag endete mit einem Zeitzeugengespräch der Teilnehmer mit den Töchtern zweier Widerstandskämpfer: Frau Dr. Bärbel Schindler-Saefkow, als Tochter des kommunistischen Widerstandskämpfers Anton Saefkow in der DDR aufgewachsen und Frau Dr. Maria von der Bottlenberg-Landsberg, aufgewachsen in der Bundesrepublik, als Tochter des christlich-konservativen Widerstandskämpfers Karl Ludwig von und zu Guttenberg besprachen aus denkbar unterschiedlichen Hintergründen ihre Erinnerungen an die Aktivitäten ihrer Väter und ihre Erfahrungen mit zwei unterschiedlichen Erinnerungskulturen. Die stellenweise merklich emotionalen Schilderungen zeigten auf, wo die blinden Flecken der Erinnerungskulturen der beiden deutschen Nachkriegsstaaten lagen, wenn christlicher Widerstand in der DDR und in anderem Maße umgekehrt kommunistischer Widerstand in der Bundesrepublik jeweils unterbelichtet blieben.
Für die letzte Seminareinheit am Sonntagmorgen begaben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die „Blindenwerkstatt Otto Weidt“ und thematisch wieder auf das Gebiet des Rettungswiderstands. Eine Führung durch die Ausstellung der Blindenwerkstatt und über den Jüdischen Friedhof in der „Spandauer Vorstadt“ zeigte die Arbeitsplätze der Werkstatt, an denen Otto Weidt als Zulieferer für die Wehrmacht blinde jüdische Zwangsarbeiter beschäftigte und einigen so das Überleben oder sogar die Flucht ermöglichte.
In der gemeinsamen Reflexion der Seminarergebnisse wurden in einer ausführlichen Abschlussdiskussion am Sonntagmittag unter der Frage „Was bleibt?“ die wesentlichen Aspekte des Wochenendes zusammengefasst, bewertet und auf eine künftige Erinnerungskultur hin gewendet.
Für alle Interessierten bietet die Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e.V. auch im November 2018 einen Workshop für Studenten und Young Professionals an. Darüber hinaus bilden die im Seminar bereits behandelten Fragen das Thema der XXXI. Königswinterer Tagung der Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e.V. vom 16. bis 18. Februar 2018 in Bonn.
Hier lesen Sie einen ausführlichen Bericht über den Jugendworkshop eines Teilnehmers.